Was lange währt...
- soenk3
- 4. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. Juni
Leben oder Sterben? Ich konnte zufrieden sein mit meinem Leben. Vor allem hatte ich so viel erlebt, wie andere nicht in zehn Leben.
Seit ich 14 war, nahm ich an Wettkämpfen im Mittel- und Langstreckenlauf teil. Im Studium war das Laufen mein Notanker, wenn ich überfordert und frustiert war. Ich lief einfach jeden Tag zehn bis zwanzig Kilometer, und schon war die Welt wieder in Ordnung. Als Teenie und junger Erwachsener machte ich mancherlei Fahrradtouren, über die ich nach 30 Jahren nur noch staunen kann. So viele Kilometer und Bergpässe! In so aberkurzer Zeit! Die längste dauerte 24 Tage und führte München über 30 Pässe nach Nizza und wieder zurück. Dann, mit der Bundeswehr in Mittenwald, kam das Klettern und Bergsteigen und die Skitouren dazu.
Dann wurde ich Lehrer. Im Studium hatte ich ein Seminar mit "Unterversuchen". Die Versuchkaninchen waren lebende Schüler. Danach hatte ich schon keinen Bock mehr, Lehrer zu werden. Diese Zweifel bestätigten später sich aufs heftigste. Im Referendariat hatte mich meine Seminarlehrerin mich mal im Biergarten erlebt, wo ich erstaunlicher nett und lustig war. Danach hatte sie mir gesagt: „Lassen sie halt mal im Unterrichts raus...“. Aber im Unterricht schlug mich weit unter Wert:
Ich ging wohl davon aus, dass ich das Chaos in einer Klasse, die merkt, wie witzig ihr Lehrer plötzlich ist, erst einmal wieder bändigen mußte. Nach dem Refendariat wurde es nur unwesentlich besser. Also blieb mir nichts anderes übrig, als diesen unsinnigen Zeitvertreib und das Beamtentum (!) zu kündigen, um mich nicht in den Mühlen der Arbeit zu verlieren und zum Schreckbild eines Beamten zu werden. Ich haute für ein Jahr nach Südamerika ab, was die weiseste Entscheidung meines Lebens war. Denn da knipste ich (unerwarteter Weise) einen Berg nach dem anderen ab und fand (völliger unerwarteter Weise) die Frau meines Lebens. Natürlich eine Südamerikanerin. Mit/ohne dieser lebte der ich 5 Jahre lang in Fernbeziehung, bevor sie mit dem Studium fertig war und nach Deutschland kam.
Nach Südamerika brauchte ich seltsamerweise Geld. Ungeheuer motiviert (tatsächlich!) trat ich den Schuldienst wieder an. Am Anfang war ein Jahr, in dem ich nicht mindestens zwanzig Verweise geschrieben hatte, kein gutes Jahr. Viel zu spät merkte ich, dass ich das gar nicht nötig hatte und rückte fast keine dieser unbeliebten Verwarnungen mehr raus. Verweise machen hauptsächlich dem Lehrer Ärger, der sie schreiben muss.
Stattdessen klampfte ich in jeder Relistunde drei Lieder. Im Lateinunterricht war aus Zeitgründen nur ein Lied möglich. Die Schüler wollten immer mehr, wahrscheinlich weil danach grottenlangweiliger Unterricht folgte. Aber nach dem Singen waren die Schüler lammfromm.
Ich fuhr jedes Jahr ins Skilager und auf zwei andere Fahrten. Beim Skifahren und Kanufahren konnten die Schüler auch sehen, das ihr Lehrer auch was anderes draufhat als Latein. Jeden Freitag hatte ich Klettergruppe und konnte den Schülern als sportliches Vorbild dienen. Das Klettern machte ihnen erstaunlicherweise auch mehr Spaß als Unterricht. Meine Schule lag zwei Minuten von der Garmischer Autobahn entfernt, das heißt, es waren teilweise nur 35 Minuten zu der nächsten Skitour, Tempo Richtgeschwindigkeit. Traumhaft.
Diese Motivation des Lehrerdaseins hielt genau sechs Jahre vor, bis ich merkte, dass langsam wieder ein Sabbatjahr nötig wäre.













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