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Blick vom Heimgarten, Thema "zurueck an den Berg"

Alptraum

  • soenk3
  • 5. Apr. 2023
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 5. Sept.


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Eine Seillänge noch. Dann hätte ich die Jochberg-Nordwand bestiegen! Ich war stolz wie Oskar. Das erste Mal hatte ich eine Eiskletterroute solo durchgestiegen. Wer hätte vor eineinhalb Jahren gedacht, dass ich dieses Jahr mit dem Eisklettern so richtig Gas geben würde... Nur in der letzten Seillänge keinen Fehler machen. Nur noch müde schwang ich die Eisgeräte über dem Kopf. Ich war völlig k.o.. Aber wieso?

Ein Steigeisen rutscht mir ab. Vor Schreck kommt mir das Eisgerät, das ich eben noch behutsam ins Eis gedroschen hatte, entgegen. Vor der Tour hatte ich mir gedacht: Das - darf in keinem Fall passieren! Zieh einfach ruhig dein Ding durch. Letzten Winter war ich das erste Mal eine Tour der Schwierigkeit 6 gestiegen. Die Wand, unter der ich stehe, ist eine 4. Lächerlich... Von wegen, schießt es mir durch den Kopf.

Aber es ist einmal mehr Zeit, die härteste Waffe zu ziehen, mit der ich mich in solchen Situationen wappne: ich bleibe cool. In wie vielen Wänden hat mich das vor schlimmerem bewahrt.

Wohlbehalten steige ich aus der letzten schwierige Seillänge aus. Ab hier ist es pillepalle. Aber es hätte nicht viel gefehlt: Auf den letzten Metern war der Tod ganz nah. Ein lautes „Scheiße!“ entringt es sich mir. Dann nochmal in Gedanken „Scheiße. Scheiße, Scheiße!“. Zugleich bin ich froh, weil mir nichts passiert ist. Und das „Scheiße“ erinnert mich an den Oberreintalgruß, den ich sogleich mit aller Kraft hinausschreie: „Hei, mi leckst am Arsch!“ Sollen die nachfolgenden Seilschaften nach dem Fluchen doch noch wissen, dass alles in Ordnung ist. Wahrscheinlich hört mich eh keiner... Da klingt die Erwiderung. "Du mi a!!" Cool! Wie im Oberreintal. Wo die ganz krassen Alpinklettern gehen. Wie ich.

Doch gleich danach kam mir wieder mein Zustand in den Sinn. Mann, war ich fertig! Hoffentlich würde ich nicht wieder abschalten... Das kam zur Zeit öfter vor: Ich fragte mich, was mit mir los war. Wenn ich „abschaltete“, gingen mir plötzlich die Lichter aus. Dann stieg ich (denn ich war dummerweise Bergsteiger) völlig ohne bewusste Wahrnehmung, wie ferngesteuert, den Berg hinab. Einmal war es bergauf passiert. Ich war wie ein Volltrunkener, dem nach dem Komasaufen „auf einmal“ der Film abreißt. Überraschenderweise wachte ich irgendwann wieder auf und fand mich weiter unten am Berg, auf dem Parkplatz oder hoffentlich nicht im Auto fahrend wieder. Auch das war mir einmal passiert. Doch es verlief immer glücklich. Würde es irgendwann tödlich enden? ,Irgendwann ist immer das erste Mal', dachte ich, das Unheil heraufbeschwörend. Hoffentlich nicht, betete ich. Ich stieg die letzten leichteren Meter unendlich langsam empor. Ich kämpfte mit dem Schnee und schien mehr rückwärts als vorwärts zu gehen.

Beim Ausstieg schaltete das Hirn sich wieder ab. Ich ging automatisch, „bewusstlos“ den Berg hinunter. Bewusstlose liegen zumeist. Nicht ich.

An den Abstieg konnte ich mich danach nur schwer und bruchstückhaft erinnern. Auf einmal fand ich mich in einem Auto wieder. Es waren die blauen Ledersitze eines blauen Audi TT. Mein Auto. Zum Glück war auf der Straße nicht viel los. Aber wenn ich wie ferngesteuert ausstieg, konnte mich sogleich eines der Autos hinter mir überrollen.

Scheiße! Es ging nicht so weiter, ich musste mir auf der Stelle Hilfe holen. Da war ein Haus, hinter dem man einen wunderbaren Blick auf den Kochelsee hatte. Das war mir im Augenblick wurscht. Ich trat ein. Ich sah verschwommen Leute. Doch es waren die falschen Leute. Böse Leute. Sie hielten mich fest, und was sie mit mir machten, hab ich zum Glück halb vergessen. Aber es war Gewalt, pure, rohe Gewalt! Einmal nutzte mir das „Abschalten“ etwas. Was auch immer sie mit mir machten, es dauerte die ganze Nacht. Im Morgengrauen konnte ich fliehen. Auch das wusste ich nur schemenhaft. Ich setzte mich wohl in meinen VW-Bus und gab Gas. Eines wusste ich noch ganz genau: ich sah im Rückspiegel, wie ein schwarzer Jeep sich näherte – ein Jeep, den ich unlängst bei dem Haus der bösen Leute gesehen hatte. Panik. Ich musste schneller fahren! Leicht gesagt! Mein brauner VW-Bus (T3) machte 107km/h Spitze! Dann kam ich wohl infolge meines mehr als dämmrigen Zustands von der Fahrbahn ab. Mein Wagen überschlug sich mehrfach.


Der Rettungshubschrauber kam aus Murnau. Ich wachte aus meinem Dämmerzustand soweit auf, dass ich halbwegs Details meiner Bergung mitbekam. Ich war irgendwie in dem völlig zerstörten Wagen hoffnungslos verklemmt. Der Hubschrauber gab alles. Hau ruck, hau ruck... Und noch ein Versuch, und noch einer. Das Wrack meines Audi TT, ich erkannte nur noch an der azulblauen Farbe, gab mich urplötzlich doch her, und ich schwebte völlig ich frei in der Luft, und sah, was ich angerichtet hatte: Mein kirschroter VW, völliger Schrott. Unheimlich schade!










 
 
 

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Renato Espinosa
Renato Espinosa
18. Mai

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